Tief im Mäusehirn
Unglaublich scharfe Bilder aus dem Gehirn einer Maus haben Forscher des „Duke Center for In Vivo Microscopy“ mit Hilfe einer Kombination aus Magnetresonanztomographie und Lichtfeld-Mikroskopie erschaffen.
s ist ein ungewöhnliches Farbenspiel, das sich da vor unseren Augen auftut. Es verschafft uns völlig neue und extrem detailreiche Einblicke in das Gehirn einer Maus. Zu verdanken haben wir diese Ansichten dem Mix aus einer stark verbesserten Magnetresonanztomographie (MRT) und der Lichtfeldmikroskopie. Das kombinierte Bildgebungsverfahren haben Wissenschaftler am Duke Center for In Vivo Microscopy und unter Mitwirkung von Kollegen der University of Tennessee Health Science Center, der University of Pennsylvania, der University of Pittsburgh und der Indiana University entwickelt.
Gerade hat die Magnetresonanztomographie ihren 50 Geburtstag gefeiert. Mit dem Bildgebungsverfahren ist man in der Lage, weiches Gewebe sichtbar zu machen, das sich mit Röntgenstrahlen nur schwer darstellen lässt. MRT-Bilder lösen mittlerweile gut genug auf, um einen Hirntumor zu erkennen, sie müssen jedoch noch viel schärfer sein, um mikroskopische Details im Gehirn sichtbar zu machen.
Dafür haben nun die Duke-Forscher einen wichtigen Schritt getan. Sie haben einen Scan des Mäusehirns erstellt, der wesentlich schärfer ist als ein typisches klinisches MRT für Menschen. Ein einzelnes, so genanntes Voxel der neuen Bilder - man stelle es sich als kubisches Pixel vor - misst nur fünf Mikrometer. Das ist 64 Millionen Mal kleiner als ein klinisches MRT-Voxel.
Das verfeinerte MRT bietet damit eine völlig neue Möglichkeit, die neuronale Vernetzung des gesamten Gehirns mit einer rekordverdächtigen Auflösung zu visualisieren. Damit kann man nun besser beobachten, wie sich etwa das Gehirn mit dem Alter, der Ernährung oder sogar mit neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer verändert.
„Das ist etwas, das uns wirklich weiterbringt. Wir können damit beginnen, neurodegenerative Krankheiten auf eine ganz andere Art und Weise zu betrachten“, sagt Dr. G. Allan Johnson, der Hauptautor der Studie.
Möglich wird die verbesserte Bildgebung durch einen extrem leistungsfähigen 9,4-Tesla-Magneten. Die meisten klinischen MRTs arbeiten mit einem Magneten von 1,5 bis 3 Tesla. Dazu gesellt sich ein spezieller Satz von Gradientenspulen, die 100-mal stärker sind als die in einem klinischen MRT. Und nicht zuletzt war ein Hochleistungscomputer angeschlossen mit einer Rechenkapazität von fast 800 Laptops.
Nachdem Johnson und sein Team das Gehirn gescannt hatten, schickten sie das Gewebe zur Bildgebung mit Hilfe der Lichtblattmikroskopie. Diese zusätzliche Technik ermöglicht es, bestimmte Zellgruppen zu markieren, z. B. Dopamin-produzierende Zellen, um das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit zu beobachten. Danach überlagerten die Wissenschaftler die Lichtfeld-Mikroskopbilder mit dem ursprünglichen MRT-Scan, der den Blick auf die Zellen und Schaltkreise im gesamten Gehirn bietet.
Mit diesem Datenmix können die Forscher nun die mikroskopischen Geheimnisse des Gehirns auf eine Weise erforschen, die bisher nicht möglich war. Eine Reihe von MRT-Bildern zeigt etwa, wie sich die Verknüpfungen mit zunehmendem Alter der Mäuse verändert, aber auch, wie sich bestimmte Regionen, z. B. das am Gedächtnis beteiligte Subiculum, stärker verändern als das übrige Denkorgan der Mäuse.
Eine weitere Bilderserie zeigt eine Reihe von regenbogenfarbenen Gehirnverbindungen, die den Verfall neuronaler Netzwerke in einem Mausgehirn mit Alzheimer-Krankheit verdeutlichen.
Originalpublikation:
G. Allan Johnson, Yuqi Tian, David G. Ashbrook, Gary P. Cofer, James J. Cook, James C. Gee, Adam Hall, Kathryn Hornburg, Yi Qi, Fang-Cheng Yeh, Nian Wang, Leonard E. White, Robert W. Williams.
Merged Magnetic Resonance And Light Sheet Microscopy Of The Whole Mouse Brain
Proceedings of the National Academy of Sciences, 17. April 2023. DOI: 10.1073/pnas.2218617120