Die superheiße Super-Erde
Die künstlerische Darstellung zeigt, wie der Exoplanet "55 Cancri e" anhand von Beobachtungen des James Webb Space Telescope der NASA und anderer Observatorien aussehen könnte. | © Abbildung: NASA, ESA, CSA, Ralf Crawford (STScI)

Die superheiße Super-Erde

2. August 2024 | von Umai Chibbaro Leiva

Auf der Suche nach Planeten mit einer erdähnlichen Atmosphäre sind Forscher der NASA auf einen Magmaplaneten gestoßen, der sich für ein Sci-Fi- Abenteuer eignet. Der Magmaplanet liefert den bislang besten Nachweis für das Auftreten von atmosphärischen Gasen auf einem steinigen Exoplaneten.

Wissenschaftler der NASA haben mit dem James-Webb-Weltraumteleskop die so genannte superheiße Super-Erde oder kurz „55 Cancri e“ analysiert und dabei eine faszinierende Entdeckung gemacht. Der Exoplanet ist höchstwahrscheinlich von einem brodelnden Ozean aus Magma bedeckt und hat eine Kohlenmonoxid- und/oder Kohlendioxidreiche Atmosphäre. „Wir untersuchen Exoplaneten, die eine Atmosphäre haben, um besser zu verstehen, wie sich diese mit Planeten des Sonnensystems vergleichen lassen“, erklärt Diana Dragomir, Planeten-Forscherin an der Universität von New Mexico und Co-Autorin der Studie. „55 Cancri e“ ist zwar größer und auch viel heißer als die Erde, aber ich denke, er ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg, die Atmosphären von Planeten zu finden und zu untersuchen, die unserer Erde immer ähnlicher werden," fügt Dragomir weiter an:

„55 Cancri e“ ist 41 Lichtjahre von der Erde entfernt. Er befindet sich im Sternbild Krebs. Der Exoplanet umkreist den Stern Kopernikus in einer Entfernung von etwa 1,4 Millionen Kilometern, mit anderen Worten, der Himmelskörper ist seinem Stern 65 Mal näher als die Erde der Sonne. Da er so nah an seinem Wirtsstern ist, ist er auch viel heißer als die Erde, mit möglichen Temperaturen von bis zu 2.800 Grad Fahrenheit. „55 Cancri e“ ist doppelt so groß und achtmal so schwer wie die Erde. Deshalb nennen wir ihn auch eine „Super-Erde“, erklärt Dragomir. Supererden sind Exoplaneten, die größer als die Erde, aber kleiner als Neptun sind. Obwohl sie also im Vergleich zu unserer Heimat groß sind, sind sie im Vergleich zu anderen Himmelskörpern recht klein.

Frühere Forschungen zu „55 Cancri e“ hatten auf eine Atmosphäre mit flüchtigen Gasen wie Sauerstoff, Stickstoff und Kohlendioxid hingedeutet. Dagegen dachten die Forscher jetzt an die Möglichkeit einer Lavawelt, die von einer Atmosphäre umhüllt ist, die nur aus verdunstetem Gestein besteht. Mit Hilfe von Webbs NIRCam (Nahinfrarotkamera) und MIRI (Mittelinfrarotinstrument) zur Messung des vom Planeten ausgehenden Infrarotlichts konnten die Forscher die zweite Möglichkeit ausschließen und den bisher besten Beweis für das Vorhandensein von atmosphärischen Gasen auf einem steinigen Exoplaneten liefern.

„Wir haben die mit dem JWST gewonnene Spektroskopie genutzt, um die Atmosphäre von „55 Cancri e“ zu untersuchen“, sagt Dragomir. „Wir fanden heraus, dass dieses Kohlenmonoxid und/oder Kohlendioxid enthält, obwohl es wahrscheinlich auch andere Gase gibt. Allein der Nachweis dieser Moleküle zeigt uns, dass es eine Atmosphäre auf diesem Planeten gibt“.

Man könnte den Exoplaneten also als steinig bezeichnen, jedoch genauer gesagt ist seine Oberfläche wahrscheinlich von einem Magmaozean umhüllt. Dieser Magmaozean gast aus und nährt seine komplexe Atmosphäre, die reich an CO2 und/oder CO ist, und möglicherweise weitere Gase wie Stickstoff, Wasserdampf, Schwefeldioxid, einige verdampfte Gesteine und sogar flüchtige Wolken enthält. Dadurch entstehen winzige, in der Luft kondensierte Lava-Tröpfchen.

„Ich denke, dass dieser spannende Exoplanet weiterhin untersucht wird. Es gibt noch vieles, was wir nicht über ihn wissen, z. B. wie er so nahe an seinen Wirtsstern herankam, wie er trotz der extrem hohen Strahlung, der er ausgesetzt ist, eine Atmosphäre haben kann, und spezifischere Fragen wie die nach der Art der vulkanischen Aktivität auf seiner Oberfläche“, sagt Dragomir.

Diese Illustration des Exoplanet Travel Bureau zeigt futuristische anmutende Erkunder, die in einer schützenden Blase über die rotglühende Landschaft des Exoplaneten „55 Cancri e“ gleiten. Poster: NASA/JPL-Caltech

Letztendlich hat sich „55 Cancri e“ auch als würdiger Exoplanet für Science-Fiction Szenarios erwiesen, mit seinem blubbernden Magmaozean, der der Landschaft eines futuristischen Films ähnelt und an den Planeten „Mustafar“ aus Star Wars erinnert. „55 Cancri e“ ist der Hauptprotagonist auf dem Poster Lava Life, das einen Astronauten zeigt, der über den Exoplaneten gleitet. Das Poster ist Teil der Posterreihe Exoplanet Travel Bareau der NASA, wo Wissenschaftler, Futuristen und Künstler zusammen an der Vorstellung futuristischer Exoplanetenreisen gearbeitet haben. Alle Plakate der Serie sind im Vintage-Stil gestaltet und zeigen einen anderen Exoplaneten als touristisches Ziel. Leider ist es immer noch nicht möglich, den Planeten wie auf dem Poster zu besuchen.

Doch es gibt eine Alternative: Die NASA hat auf ihrer Webseite das 360-Grad-Visualisierungstool des Exoplanet Travel Bureau. Damit kann man Exoplaneten bestaunen, als würde man auf ihrer Oberfläche stehen! Auch „55 Cancri e“ ist dabei. So kann man ihn bequem von zu Hause aus erkunden.

Originalpublikation:

Hu, R., Bello-Arufe, A., Zhang, M. et al.

A secondary atmosphere on the rocky Exoplanet 55 Cancri e.

Nature, 2024;

DOI: doi.org/10.1038/s41586-024-07432-x