Ur-Ur-Ur-Opa der Krokodile
Stenokranio boldi. Diese „Ursaurier“ dürften die Vorfahren unserer heutigen Krokodile gewesen sein. | © Abbildung: Frederik Spindler

Ur-Ur-Ur-Opa der Krokodile

Eines der größten Raubtiere seiner Zeit lebte vor 300 Millionen Jahren in der Westpfalz. Ein fossiles Exemplar von Stenokranio haben Paläontologen vom Museum für Naturkunde in Berlin jetzt vorgestellt.

2. Februar 2024 | von Chibbaro Leiva Umai /Thorsten Naeser

Vor 300 Millionen Jahren sah es in der Westpfalz noch ganz anders aus als heute. Eine tropische Fluss- und Seenlandschaft erstreckte sich über weite Ebenen. Damals lag das Gebiet noch nahe am Äquator. Das waren ideale Lebensbedingungen für Ursaurier wie Stenokranio boldi. Diese „Ursaurier“ dürften die Vorfahren unserer heutigen Krokodile gewesen sein. Ein Stenokranio-Exemplar haben jetzt Forschende des Museums für Naturkunde in Berlin in der Fachzeitschrift Journal of Paleontology vorgestellt.

Stenokranio (Griechisch: stenos + kranio = „Schmalschädler“) gehört zur Familie der Eryopiden und war eine große krokodilartige Amphibie die in der heutigen Region rund um Remigiusberg lebte, so die Forschenden. Dort mündete vor 300 Millionen Jahren wohl ein großer Fluss in einen See.

Bis zu eineinhalb Meter lang, ein großer, flacher Schädel und viele, spitze Zähne. So ähnlich dürfte Stenokranio-Vierfüßler ausgesehen haben, schreiben die Wissenschaftler. Die Tiere könnten bis zu 1,5 Meter lang geworden sein und bis zu 70 Kilogramm gewogen haben. Erwachsene Stenokranio-Vertreter lebten im Wasser und an Land, während Jungtiere sich überwiegend im Wasser aufhielten. Die Raubtiere haben sich von Fischen und anderen Ursauriern ernährt. Sie jagten ihre Beute in flachem Wasser und an den Ufern von Seen und Flüssen. Aufgrund der Form ihres Kiefers nehmen die Paläontologen an, dass sie ihre Beute im Ganzen verschluckten.

Fossile Funde, so wie dieser, zeugen von der einstigen Existenz dieses Krokodilurahnen.

Zwei fossilen Reste der Stenokranio wurden auf dem Betriebsgelände eines Steinbruchs in der Remigiusberg bei Kusel in der Westpfalz gefunden. Ein weiteres Exemplar entdeckte man 2013 am Ufer eines Sees: Ein 27 Zentimeter langer fossiler Schädel mit zusätzlichen Teilen der Wirbelsäule und des Schultergürtels. Ein kleineres Exemplar (25 Zentimeter) fand man 2018 bei einer Grabung des Umweltmuseum GEOSKOP, im Flachwasser eines Sees.

Die seltenen Funde zeigen, dass Eryopiden-Tiere nicht nur in Amerika beheimatet waren, sondern, dass sie auch in Deutschland verbreitet waren, erklären die Paläontologen. Beide Fossilen werden nun in der Landessammlung für Naturkunde in Mainz ihre neue Heimat finden.

 

Originalpublikation:

Ralf Werneburg, Florian Witzmann, Larry Rinehart, Jan Fischer, Sebastian Voigt

A new eryopid temnospondyl from the Carboniferous-Permian boundary of Germany

Journal of Paleontology, 2024.

DOI: 10.1017/jpa.2023.58.