Schnell, schneller am schnellsten

25. April 2020 | von Susanna Fischerauer

Das Schülerlabor hat ein neues Highlight in seinem Fundus: Eine Highspeed Kamera steht jetzt für Experimente bereit. Bis zu 11.000 Bilder pro Sekunde kann diese Kamera am photonlab des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik aufnehmen.

Hochgeschwindigkeitskameras verwendet man, um Vorgänge aufzuzeichnen, die so extrem schnell ablaufen, dass sie für das menschliche Auge oder herkömmliche Kameras nicht mehr erfassbar sind. Eine Sekunde Aufnahmezeit kann auf mehrere Minuten Wiedergabezeit ausgedehnt werden, indem Bewegungsabläufe verlangsamt dargestellt werden. Die Highspeed Kamera ist ein wahrer Alleskönner. Sie ist mittlerweile Bestandteil unseres Lebens geworden. So begegnet man der Kamera nicht nur bei Effektaufnahmen im Filmbereich, sondern auch bei Crashtests in der Automobilindustrie, der Aufzeichnung von Stimmlippenschwingungen in der Medizin oder innerhalb der Fehlersuche in Produktionsstraßen.

Der größte Unterschied zur gewöhnlichen Kamera besteht neben ihrer Größe, ihrem Gewicht und komplexen Aufbau darin, dass Informationen besonders schnell ausgelesen werden. So werden im Durchschnitt ca. 3000 Bilder pro Sekunde aufgenommen, deren riesige Datenmenge innerhalb kürzester Zeit verarbeitet werden muss. Die technische Herausforderung besteht darin, diese gigantische Fülle an Daten aus dem Speicherchip mit Hilfe eines angeschlossenen Computers möglichst schnell wieder auszulesen. Die Highspeed Kamera im Schülerlabor kann bis zu 11.000 Bilder pro Sekunde aufnehmen. Das ist schon eine gigantische Menge an Fotos, wenn man bedenkt, dass herkömmliche Kinokameras nur 24 Bilder pro Sekunde belichten. Aufgrund der begrenzten Datenleitung muss man sich allerdings zwischen Qualität und Quantität entscheiden: Entweder liefert die Kamera viele Fotos in geringer Auflösung oder wenige Fotos mit einer hohen Bildqualität.

Bei der Deutschen Physikmeisterschaft GYPT 2020 (German Young Physicists' Tournament), bewährte sich die Kamera bereits, um physikalische Probleme zeitaufgelöst zu detektieren. Für diesen Wettbewerb hatte Dr. Silke Stähler-Schöpf, die Leiterin des Schülerlabors, die Kamera bereitgestellt. „Da die Kamera sehr empfindlich ist und ihr Aufbau enorm zeitaufwändig, wird sie ausschließlich für besondere Anlässe eingesetzt, wie beispielsweise Seminararbeiten oder Meisterschaften“, erklärt Stähler-Schöpf. Außerdem setzt die Elektronik der Kamera Grenzen: Einerseits kann die Kamera sehr schnelle Bewegungen aufzeichnen, wie beispielsweise den Flug einer Patronenkugel. Doch für die Zeitauflösung noch schnellerer Abläufe, wie bspw. bei Laborarbeiten, benötigt man spezielle Kameras, die mit kurzen Lichtblitzen arbeiten. Hier ist es dann mit Hilfe von Attosekundenblitzen möglich, die Bewegungsabläufe von Orbitalen zu detektieren.

 

© Durch die sehr gute zeitliche Auflösung der Kamera kann man erkennen, dass Salz im ersten Video die Oberfläche der Seifenmembran durchbricht, während die im zweiten Video sichtbaren Mehlpartikel auf ihrer Oberfläche haften bleiben.

 

Die Highspeed Kamera wurde beim GYPT zur zeitaufgelösten Darstellung verschiedener Experimente verwendet. Karan Tiwana, Praktikant des PhotonLab, hat die Versuche bei der Meisterschaft aufgezeichnet und in einem kurzen Interview den Aufbau des Experiments und das Zustandekommen der Videos erklärt. Die Darstellungen machen in Zeitlupe sichtbar, wie jeweils eine kleinere Menge Mehl und Salz auf eine Seifenmembran geworfen werden. Durch die Aufzeichnungen der Highspeed Kamera kann man beobachten, wie das Salz durch die Membran hindurchfliegt, während die Mehlpartikel auf der Oberfläche haften bleiben. Auf experimenteller Ebene zeigt sich also, dass die Seifenmembran schwere Materialien durchlässt, während leichte Materialien auf der Oberfläche hängen bleiben. Der Grund dafür liegt in der Oberflächenspannung von Flüssigkeiten (in diesem Fall Wasser), die sich durch hohe Kohäsionskräfte zwischen den einzelnen Wassermolekülen bildet. Salz ist schwer genug, um die Barriere dieser Oberflächenspannung zu durchbrechen – Mehl hingegen nicht. Der Einsatz der Highspeed Kamera am Tag des Wettbewerbs war ein wahrer Erfolg, denn das Seifenmembran-Experiment wäre ohne die Zeitauflösung der Kamera durch das menschliche Auge nicht erfassbar gewesen.