Flüchtiges Paradies
er Sauerstoff in unserer Atmosphäre ist ein flüchtiges Element. Er war nicht immer vorhanden und wird es wahrscheinlich auch in ferner Zukunft nicht sein.
Auf der Erde könnte es schon in etwa einer Milliarde Jahre ziemlich ungemütlich werden. Denn dann dürfte der Blaue Planet fast seinen gesamten Sauerstoff in der Atmosphäre verloren haben. Heute sind es rund 20 Prozent. In Zukunft könnte es weniger als ein Prozent sein.
Schuld daran ist ausgerechnet die Sonne, die uns das Leben eigentlich ermöglicht. Sie altert und damit nimmt ihre Strahlkraft zu. Das wiederum hat zur Folge, dass es weniger Pflanzen auf der Erde geben wird, die Sauerstoff produzieren können. So sehen Wissenschaftler um Kazumi Ozaki von der japanischen Toho Universität und Christopher Reinhard vom Georgia Institute of Technology die Zukunft der Erde, in ihrem aktuellen Artikel im Fachjournal Nature Geoscience.
Schon jetzt nimmt die Strahlkraft der Sonne zu und damit die Temperaturen auf der Erde. Beides führt dazu, dass die Verwitterung und Bindung von Kohlendioxid (CO2) im Gestein ebenfalls zunimmt, so die Geoforscher. Dadurch fehlt das CO2 den Pflanzen für ihre Photosynthese. Schon in rund 600 Millionen Jahren wird die irdische Vegetation dadurch zu schwinden beginnen.
Für ihre Prognose erweiterten die Geowissenschaftler Erdsystem- und Klimamodelle. Sie ergänzten Parameter, die die Gaszusammensetzung der Atmosphäre beeinflussen. Dazu kamen Prognosen über die Verwitterung und geochemischen Stoffkreisläufe, die Vegetation und die Sonneneinstrahlung. Mit diesen Daten rekonstruierten die Forscher zuerst die Vergangenheit. Anschließend drehten sie die Zeitreise um in die Zukunft und setzten die Erde dem erhöhten Strahlungshaushalt aus, wie er für die solare Entwicklung vorhergesagt wird.
Das Ergebnis: Der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre wird signifikant abnehmen. Die Forscher errechneten, dass die erdnahe Gashülle schon in 1,08 Milliarden Jahren weniger als ein Prozent ihres heutigen Sauerstoffgehalts aufweisen wird. Ein Großteil der heutigen Lebensformen könnte unter diesen Bedingungen nicht mehr existieren.
Gleichzeitig jedoch wird der Methananteil unserer Atmosphäre in dieser Zeit deutlich zunehmen. Damit könnte die Erdatmosphäre der fernen Zukunft derjenigen der Urerde vor dem sogenannten Great Oxidation Event gleichen, meinen die Forscher. Dieses Ereignis vor rund 2,4 Milliarden Jahren reicherte die zuvor von Methan, Stickstoff und Kohlendioxid dominierte Uratmosphäre in kurzer Zeit mit Sauerstoff an. Aus dem All betrachtet könnte unser Planet in einer Milliarde Jahren eher dem verschleierten Saturnmond Titan als einem Blauen Planeten ähneln.
Die Berechnungen lassen vermuten, dass eine Sauerstoffatmosphäre selbst auf lebensfreundlichen Welten mit Photosynthese kein Dauerzustand ist, vermuten Ozaki und Reinhard. So wird nur ein Bruchteil der Erdgeschichte durch einen hohen Gehalt atmosphärischen Sauerstoffs gekennzeichnet sein. Diese sauerstoffreiche Phase wird also nur rund 20 bis 30 Prozent der Lebenszeit unserer Erde aus.