Ein Beben-Messer aus Licht
ünchner Geophysiker haben den weltweit ersten 3D - Ringlaser in Betrieb genommen, der rotierende Erdbewegungen misst.
Heiner Igel ist gut gelaunt. Er spaziert vom Geophysikalischen Observatorium der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), das in einem kleinen Wäldchen liegt, in Richtung offene Felder hinter Fürstenfeldbruck. Über den zartgrünen Wiesen scheint die Frühlingssonne. Der Professor für Geophysik ist unterwegs zu einem Pionierprojekt der Erdbebenforschung. Igel stoppt vor einigen silbrig glänzenden Luken, die im Erdboden angebracht sind.
„Unter unseren Füßen befindet sich ein Lasersystem, mit dem wir minimale Erdbewegungen messen können“, sagt Igel und hebt eine der Luken an. Sie gibt den Blick frei auf eine schmale Betonröhre die in einem kleinen Raum, rund zwei Meter unter der Erde endet.
Igel steigt die Leiter hinab und steht vor dem Herzstück der Anlage, einem Laser, den man durch ein kleines Fenster in einer Röhre sehen kann. Er strahlt rotes Licht aus und sendet es in beide Richtungen der Röhre, die in den Wänden des unterirdischen Raums verschwinden. Jeweils sechs Meter fliegt das Licht in jede Richtung horizontal, bevor es über Spiegel noch einmal rund zwölf Meter tief in die Erde geleitet und von dort wieder zurückgeworfen wird. So ergibt sich für den Laufweg des Lichts ein Dreieck.
„Das hier könnte die Zukunft der Seismologie sein“, erklärt Igel. „Zum ersten Mal setzen wir hier Laserlicht als Messgerät für die Rotation des Erdbodens ein.“ Und Igel erklärt weiter: „Die Erde unter unseren Füßen ist ständig in Bewegung. Sie pulsiert und rotiert. Wir merken das nicht, da diese Bewegungen sich in allerkleinsten Dimensionen, im Nanometer-Bereich abspielen. Zumindest hier in Bayern. Denn von schweren Erdbeben bleiben wir im Freistaat zum Glück verschont.“ Erdbeben entstehen zum Beispiel an den Rändern der Kontinentalplatten oder an Vulkanen. Diese Erdbebenquellen senden Wellen über den gesamten Globus, die, wenn sie stark genug sind, überall auf der Erde gemessen werden können und damit eben auch hier in Fürstenfeldbruck. Die Wellen versetzen den Boden nicht nur in Seitwärts-Bewegungen, sondern lassen ihn auch minimal rotieren. Eine solche Bewegung des Bodens war den Physikern zwar bekannt, sie konnten sie aber nicht messen. „Das wird jetzt anders“, freut sich Heiner Igel. Denn mit dem unterirdischen Ringlaser, den die Wissenschaftler in Anlehnung an die Schauspielerin Romy Schneider ROMY (Rotational Motions in Seismology) getauft haben, können nun auch diese Rotationsbewegungen aufgezeichnet werden.