Ein geheimnisvolles Gesicht
in zweites Bild verbirgt sich unter einem Portrait-Gemälde von Edgar Degas aus dem Jahr 1778. Ein Team des Queen Victoria Museums in Melbourne hat es mit Röntgenlicht am Australian Synchrotron sichtbar gemacht.
Gemälde alter Künstler entpuppen sich nicht selten als wahre Schatzkammern für Kunsthistoriker. Der oberste Pinselstrich der Bilder, die wir in Museen bewundern, verdeckt darunter liegende, frühere Arbeiten der Maler. Die Künstler haben ihre Leinwände mitunter mehrmals übermalt bis sie mit dem Ergebnis zufrieden waren.
Dass sogar komplett andere Motive unter den heute sichtbaren Bildern schlummern, hat jetzt ein Team um David Thurrowgood vom Queen Victoria Museum und der Kunstgalerie Tasmania in Melbourne gezeigt. Die Forscher nahmen das Bild „Portrait of a Woman“ von Edgar Degas, das er um 1778 malte, unter die Lupe. Dabei spielte Licht eine entscheidende Rolle. Die Forscher durchleuchteten das Bild mit einer neu entwickelten Röntgen-Fluoreszenzmethode. Das Bild wird dabei Röntgenstrahlung ausgesetzt. Diese Röntgenstrahlung interagiert mit den verschiedenen Bestandteilen aus denen die Farben von damals zusammengemischt wurden. So deutet zum Beispiel die Kombination von Kupfer und Arsen in einem Bildbereich an, dass der Künstler ein grünes Kupferarsenid-Pigment verwendet hat. Zink ist ein Indikator für die Farbe Weiß, Kobalt für Blau.
Degas‘ Bild zeigt eine Frau mit großer, dunkler Kopfhaube. Die Forscher vermuteten allerdings, dass das sichtbare Portrait nicht die ganze Wahrheit sein dürfte. Denn im Gesicht der Frau schimmern dunklere Formen durch, die ein zweites Gesicht vermuten ließen. „Man hatte schon früh erkannt, dass das darunter liegende Portrait in die entgegengesetzte Richtung blickt, wie die Frau im Vordergrund“, erklärt Davis Thurrowgood. Doch sichtbar machen konnte man es bis heute nicht.
Mit Hilfe des Röntgenlichts rekonstruierten die Forscher nun berührungsfrei das verborgene Portrait. Die Verteilung der versteckten Pigmente gab Aufschluss darüber wie Edgar Degas Formen und Farben verwendete, bevor er anscheinend, unzufrieden mit dem ersten Ergebnis, das ursprüngliche Bild übermalte.
Das verborgene Bild haben die Forscher komplett rekonstruiert. Es zeigt eine junge Frau. Sie schaut nach rechts und hat dunkle Haare. „Wir vermuten, dass diese Frau das Modell Emma Dobigny ist“, sagt Thurrowgood. Emma Dobigny stand zu dieser Zeit mehreren Malern Modell. Ihre Gesichtszüge sind so markant, dass die Forscher davon ausgehen, ihr Gesicht zu sehen.
Die Forscher gehen davon aus, dass Degas das Gesicht der jungen Frau in einer einzigen Sitzung gemalt hat. Die Ohren dagegen scheinen Degas vor größere Probleme gestellt zu haben. „Dafür scheint Degas mehrere Anläufe gebraucht zu haben“, vermutet Thurrowgood. „Die Elementverteilung im Bereich der Ohren verrät uns, dass sie anfänglich zu spitz gewesen sein dürften, bevor Degas sie korrigierte“, so Thurrowgood.