Taktgeber Licht
© Grafik: James Millen / Universität Wien

Taktgeber Licht

11. Dezember 2017 | von Thorsten Naeser/Uni Wien

Einem internationalen Team von Forschern der Universitäten Wien, Duisburg-Essen und Tel Aviv ist es gelungen, ein Nano-Stäbchen mit Lichtpulsen in Rotation zu versetzen und als hochpräzisen Zeiger einer elektronischen Uhr zu verwenden. Mit Hilfe fokussierter Laserstrahlen fängt das Team um Stefan Kuhn, James Millen und Markus Arndt von der Universität Wien ein Stäbchen mit einer Länge von etwa einem Tausendstel Millimeter in Vakuum ein. Die Physiker bringen das Stäbchen zum Schweben und versetzen es, wiederum mit Lichtpulsen, in Rotation. Diese präzise Drehbewegung erschafft einen Zeiger für eine elektronische Uhr. In vier Tagen geht ihr nur ein Millionstel einer Sekunde verloren.

Tick…Tack… Stabile Uhren spielen in unserem Alltag eine wesentliche Rolle. Von Schiffs-Chronometern bis zu GPS-Systemen ermöglichen sie uns verlässlich zu navigieren. Präzise Uhren sind der Taktgeber des Internets – sie bestimmen die Geschwindigkeit, mit der Informationen ausgetauscht werden. Zeit ist die am genauesten bestimmte physikalische Messgröße und kleinste Unregelmäßigkeiten können sehr genau bestimmt werden. Durch die Beobachtung der Bewegung von zeitgebenden physikalischen Objekten, wie zum Beispiel dem Pendel einer Standuhr, und dem Vergleich mit einer Referenz-Uhr kann man externe Einflüsse, wie etwa Vibrationen, detektieren.

Stefan Kuhn von der Universität Wien und Kollegen haben nun einen extrem stabilen Uhrzeiger entwickelt. Dazu haben die Forscher ein rotierendes Silizium-Stäbchen, das kürzer als ein Mikrometer ist, mit Hilfe von Laserlicht in einen Schwebezustand versetzt. Die elektromagnetischen Felder von zirkular polarisierten Lichtpulsen treiben das Stäbchen an. Dabei dreht sich es sich mehr als eine Million Mal pro Sekunde, wodurch es zum präzisen Taktgeber wird. Das Pendel koppelten die Forscher mit einem elektronischen Zeitmesser. „Unsere Uhr hat in vier Tagen gerade einmal ein Millionstel einer Sekunde verloren", ist James Millen vom Ausgang der Studie begeistert. Vergleichbare Systeme sind in der Genauigkeit durch ihren Kontakt mit der Umgebung limitiert. Durch den, durch das Laserlicht erzeugten Schwebezustand des Systems ist das neue Nanopendel kontaktlos zur Umwelt. So erreichen die Forscher die enorme Stabilität.

Das Stäbchen kann aber trotzdem mit seiner Umgebung kommunizieren. Die Präzision dieses nanomechanischen Uhrpendels könnte für äußerst präzise und lokale Messungen verwendet werden um zum Beispiel Druckänderungen über sehr kurze Distanzen mit hoher Genauigkeit zu messen. Das schwebende Stäbchen könnte durch einen Gasstrom bewegt werden um Turbulenzen im Gas zu messen, oder durch einen Atom- bzw. Licht-Strahl um deren Eigenschaften zu bestimmen. Eines Tages könnte es sogar möglich sein, dieses System für die Suche nach Grenzen der Quantentheorie zu verwenden: „Bei hohen Rotationsraten ist dies ein Sensor mit erstaunlicher Präzision. Bei niedrigen Frequenzen könnte dieses System jedoch eine Reihe ganz neuer Experimente zur Quantenmechanik rotierender Objekte ermöglichen", so Markus Arndt.

 

Fotonachweis: James Millen / Universität Wien

 

Originalpublikation in Nature Communications:

“Optically driven ultra-stable nanomechanical rotor”, S. Kuhn, B. A. Stickler, A. Kosloff, F. Patolsky, K. Hornberger, M. Arndt and J. Millen, Nature Communications

DOI: 10.1038/s41467-017-01902-9.