Lebten hier die ersten Amerikaner?
ie Menschheit stammt aus Afrika. Von dort aus hat der Homo sapiens die gesamte Erde besiedelt. Über Europa und Asien bis nach Australien und zu den Inseln des Pazifik. Die letzte große Landmasse, die der moderne Mensch bei seiner beispiellosen Ausbreitung in Besitz nahm, waren die beiden Teile Amerikas.
Vor etwa 20 000 bis 30 000 Jahren, im späten Pleistozän, wanderten die Menschen über die zu jener Zeit im Bereich der Beringstraße bestehende eisfreie Landbrücke von Sibirien nach Alaska und breiteten sich von dort nach Süden aus. Damals lebten auf dem amerikanischen Kontinent zahlreiche große Säugetiere, darunter Elefanten, Nashörner und Pferde, aber auch Riesenfaultiere – mehr als sechs Meter lang und mehrere Tonnen schwer. Zusammen werden sie als nordamerikanische Megafauna bezeichnet. Doch am Ende der letzten Kaltzeit, vor ungefähr 11 500 Jahren, starben die meisten dieser Tiere aus, während gleichzeitig die Menschen Nord- und Südamerika eroberten. Handelt es sich hier um bloße Koinzidenz, oder sind diese Ereignisse miteinander verknüpft? Sind die Menschen mitverantwortlich für das Aussterben der Megafauna? Oder, im Fall der Faultiere, vielleicht sogar die Ursache? Zum Beispiel, weil sie Jagd machten auf die großen, sich sehr langsam bewegenden Tiere?
Diesen Fragen geht Óscar Solís Torres vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie nach. Er untersucht tropische Höhlen auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán, wo einige der frühesten bisher bekannten Spuren menschlicher Anwesenheit auf dem amerikanischen Kontinent gefunden wurden. Solís Torres sucht nach Beweisen für menschliche Präsenz und nach Überresten der Megafauna – hier im Sac-Actun-Höhlensystem an der nordöstlichen Küste von Yucatán.
Die Herausforderung: Die Tropfsteinhöhlen des Sistema Sac Actun liegen seit etwa 9000 Jahren unter Wasser. Mit seinen bisher bekannten 347 Kilometern ist Sac Actun eines der größten Unterwasserhöhlensysteme der Erde – und eine der wichtigsten Stätten der Unterwasserarchäologie.