Algen für Flugzeuge
m Algentechnikum testen Wissenschaftler der Technischen Universität München wie man effizient aus Mikroorganismen Biotreibstoff gewinnt. Dafür simulieren sie die unterschiedlichsten Klima- und Lichtverhältnisse.
Salzgeruch liegt in der Luft. Es ist fast 30 Grad warm. Mittelmeerklima herrscht im TUM-Algentechnikum. Wie ein Gewächshaus wirkt das Gebäude auf dem Ludwig Bölkow Campus in Taufkirchen, südlich von München.
Dr. Daniel Garbe hält eine kleine Plastikkanüle in fließend grünes Wasser, das über Stoffbahnen durch das gesamte Gebäude geleitet wird. Über dem Wasser tauchen LED-Lampen den Aufbau in ein gleißend helles Licht. Schnell füllt sich das Gefäß. Sein flüssiger Inhalt schimmert smaragdgrün. Die Farbe im Wasser entsteht durch winzige Mikroalgen, die sich zu Abermilliarden in der Flüssigkeit tummeln.
Diese Mikroalgen könnten die Zukunft der Antriebstechnik sein. Das aus ihnen gewonnene Öl könnte fossile Treibstoffe ersetzen. „Etwa zwei Wochen benötigen unsere Algen, bis sie sich so zahlreich vermehrt haben, dass sie im Wasser diese tiefgrüne Farbe hervorrufen“, erklärt Daniel Garbe. Nun sind die Algen „erntereif“. Das heißt, die Wissenschaftler der Professur für Industrielle Biokatalyse der Technischen Universität München (TUM) werden sie in Kooperation mit dem TUM-Lehrstuhl für Bioverfahrenstechnik bald abschöpfen. Anschließend setzen Forscher des TUM-Lehrstuhls für Technische Chemie II in wenigen Arbeitsschritten ihre Öle in Biokraftstoff um. „Dieser Biokraftstoff ist vergleichbar mit dem heutigen Kerosin für Flugzeuge“, erklärt Daniel Garbe aus diesem Grund hat auch Airbus Interesse an der Forschung, auf ihrem Gelände steht das Algentechnikum. „Aus einem Liter Algen gewinnen wir rund 500 Gramm Treibstoff“, erklärt Daniel Garbe weiter. Würde ein Barrel Flugbenzin heute um 100 Dollar kosten, wäre der aus Algen gewonnene Treibstoff noch etwa zwei- bis dreimal so teuer. „Wir sind auf einem guten Weg“, meint Garbe. Denn das Algentechnikum ist nur eine Versuchsanlage um herauszufinden, welche Algen sich für die Bio-Treibstoffproduktion am besten eignen und unter welchen Bedingungen die Mikroorganismen am besten gedeihen. „Wir haben vor allem eine Algenart aus Australien, die sich schnell vermehrt und die extreme Salzverhältnisse gut verträgt im Focus“, erläutert Garbe. Gentechnisch verändern müssen die Forscher die Organismen nicht mehr. „Wir sind überzeugt, dass die Natur über die Jahrmilliarden schon das Bestmögliche aus den Algen gemacht hat“, sagt Garbe.
© Airbus
Von überall auf der Welt haben die Forscher Algenarten zusammengetragen, die nach einer Selektion im Labor im Algentechnikum getestet werden. Hier ergänzen die Wissenschaftler das natürlich vorkommende Sonnenlicht mit einer „künstlichen Sonne“, um auch die Lichtverhältnisse von Orten höherer Lichtintensität nachbilden zu können. Indem sie verschieden farbige LED’s stärker oder schwächer scheinen lassen, erreichen sie zwischen 300 und 800 Nanometern ein Farbspektrum, das dem Sonnenlicht sehr nahekommt. Zusätzlich können die Forscher in ihren Laboren auf dem Forschungscampus Garching auch von der Sonne abweichende, individuelle Farbspektren einstellen und die Algen somit unter völlig neuen Lichtverhältnissen testen.
Rund 150.000 Algenarten gibt es, schätzen Wissenschaftler. Etwa 5000 davon sind bisher ansatzweise charakterisiert. Doch nur etwa zehn Arten haben es bisher zu einer kommerziellen Nutzung gebracht. Das wollen die Forscher mit dem TUM-Algentechnikum ändern.
Würde man es schaffen kosteneffizient aus Algen Treibstoff zu gewinnen wäre das ein großartiger ökologischer Coup. Denn die Algen binden klimaschädliches Kohlendioxid in großen Mengen, der Flugbetrieb könnte klimaneutral werden. Auch aus Landpflanzen, wie etwas aus Mais, könnte man Flugbenzin gewinnen. Doch Algen sind weitaus effizienter in der Gewinnung von Treibstoff. „Während bei der Produktion von Biokraftstoff aus Mais eine problematische Konkurrenz zwischen Teller und Tank besteht“, sagt Professor Thomas Brück, Leiter der Professur für Industrielle Biokatalyse an der TUM, „wachsen Algen auch in Salzwasser; sie brauchen keinen fruchtbaren Boden und keine Pestizide. Trotzdem können sie einen bis zu zehn Mal höheren Ertrag pro Hektar und Jahr liefern.“
Unterdessen hat Daniel Garbe im Algentechnikum seine Algenprobe unter dem Mikroskop betrachtet. Er ist zufrieden, die Algen haben sich prächtig entwickelt. „Wir haben hier in den letzten zwei Wochen eine vielversprechende Algenart gezüchtet“, sagt er. „Ich bin gespannt wieviel Biotreibstoff wir daraus gewinnen.“